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Zellen mit Licht kontrollieren

28.10.2020

LMU-Forscher haben einen lichtempfindlichen Hemmstoff entwickelt, mit dem sie Zellteilung und Zelltod gezielt steuern können – ein vielversprechendes Werkzeug für die Aufklärung essenzieller Prozesse und die Entwicklung neuer Tumortherapien.

Mit dem lichtempfindlichen Hemmstoff behandelte Krebszellen (rot: Aktinzytoskelett; cyan: DNA) nach Bestrahlung mit Blaulicht (Bild1) und ohne Bestrahlung (Bild 2).

Mit dem lichtempfindlichen Hemmstoff behandelte Krebszellen nach Bestrahlung mit Blaulicht und ohne Bestrahlung. | © Esther Zanin

Sowohl für die Grundlagenforschung als auch für medizinische Anwendungen ist es essenziell, biologische und chemische Prozesse präzise steuern zu können. Lichtimpulse können zeitlich und räumlich sehr genau kontrolliert werden, deswegen ist die Entwicklung lichtsteuerbarer molekularer Werkzeuge ein zentrales Ziel der chemischen Biologie. Solche Werkzeuge können entscheidend dazu beitragen, grundlegende Mechanismen aufzuklären, Krankheiten detailliert zu verstehen sowie neue therapeutische Strategien zu entwickeln. Wissenschaftlern um die Zellbiologin Esther Zanin vom Biozentrum der LMU ist es nun in Kooperation mit dem Chemiker Henry Dube (seit April 2020 FAU Erlangen-Nürnberg, zuvor LMU) gelungen, einen chemischen Hemmstoff mit einer lichtsensitiven Schutzgruppe auszustatten und dadurch zwei fundamentale zelluläre Prozesse mit Licht zu steuern: Zellteilung und Zelltod.Die Zellteilung ist ein hochkomplexer Prozess, bei dem eine strenge Regulation sicherstellt, dass Zellen sich nur zur richtigen Zeit und auf die richtige Art und Weise teilen. Defekte Zellen werden durch den programmierten Zelltod, die sogenannte Apoptose, eliminiert. Beide Prozesse sind abhängig vom Proteasom, einer zellulären Maschinerie, die defekte oder nicht benötigte Proteine abbaut.„Wir haben nun einen etablierten und vielseitig einsetzbaren chemischen Proteasom-Hemmer mit einer lichtempfindlichen Schutzgruppe ausgestattet“, sagt Zanin. „Diese Gruppe schirmt das katalytische Zentrum des Hemmstoffs ab, sodass er nicht mehr an das Proteasom binden kann.“ Im Dunkeln ist der Hemmstoff dadurch inaktiv und das Proteasom funktioniert normal. Werden die Zellen aber mit Blaulicht bestrahlt, löst sich die Schutzgruppe wieder ab, der Hemmstoff bindet und hemmt das Proteasom. Da die Bestrahlung gezielt gesteuert werden kann, konnten die Wissenschaftler den Hemmstoff auf diese Weise sehr präzise aktivieren. „Dadurch ist es uns in Krebszellen gelungen, mit Blaulicht die Zellteilung in einem bestimmten Stadium anzuhalten oder auch die Zellen gezielt abzutöten“, erläutert Zanin.Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass der neue lichtsteuerbare Proteasom-Hemmer ein wertvolles Werkzeug für das Studium dynamischer Prozesse ist. Dazu gehört etwa die Entwicklung von Organismen, während der sich Zellen und Gewebe schnell und mit kleinräumig großen Unterschieden verändern. Generell seien Proteasom-Inhibitoren auch vielversprechende Medikamente, etwa in der Krebstherapie. „Die Möglichkeit, sie orts- und zeitspezifisch zu aktivieren, könnte in Zukunft Behandlungen effektiver machen und Nebenwirkungen stark reduzieren“, sagt Zanin. „Dafür sind allerdings weitere Studien notwendig, da der hier verwendete Inhibitor in der jetzigen Form nicht als Medikament einsetzbar ist.“Angewandte Chemie 2020

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